Satellitentelemetrie und Webcam
In den letzten Jahren wurden die aus Gehege-Zuchten im Rahmen des Wiederansiedlungsprojektes freigelassenen Bartgeier-Jungen mit einem Sender ausgestattet, der am Bürzel am Kiel der Schwanzfedern aufgeklebt wurde und mittels Satellitentelemetrie bis zum ersten Federwechsel alle Flugbewegungen der Bartgeier genau dokumentieren ließ. Die Satellitentelemetrie hat wertvolle Erkenntnisse zur Raumnutzung, zu Territorium und Brutbiologie unter natürlichen Bedingungen geliefert.
Bartgeier sind schlechte Nestbauer und nutzen daher gerne auch unbesetzte Horste des Steinadlers. Steinadler-Paare verteidigen ihr Territorium besonders während der Brutzeit auch an den Außengrenzen ihres Reviers. Mit einer Webcam im Horst der Val Zebrù konnten wir festhalten, dass der nicht benutzte Steinadler-Horst im Jahr 2011 von den Bartgeiern zur erfolgreichen Aufzucht ihres Jungen genutzt wurde. 2013 sind die Steinadler in diesen Horst zurückgekehrt und die Bartgeier mussten weichen.
Aggression von Steinadlern gegen Bartgeier
Die Aggression der sehr territorialen Steinadler gegen die Bartgeier ist unter anderen ein Grund für Verluste von Bartgeiern in den Steinadler-Revieren. Ein weiterer Grund sind Stromschläge an Überlandleitungen und Bleivergiftungen durch Aufnahme von Aufbrüchen aus Wildtieren, welche von Jägern mit Bleimunition erlegt worden sind. Das Schwermetall Blei reichert sich über die Nahrungskette in den Körpern der Bartgeier, aber auch der Steinadler und Uhus als Prädatoren oder der Gänsegeier als Nekrophagen an und führt zu akuten und/oder chronischen Vergiftungen bis zum Tod der Vögel. Wer als Jäger einen Beitrag zum Schutz der Beutegreifer und Nekrophagen unter den Vögeln leisten will, sollte bleifreie Munition verwenden.
Philopatrie
Die Satellitentelemetrie gibt auch Aufschluss über Weitflieger und Dableiber unter den Bartgeiern. Weitflieger unter den Bartgeiern sind auch schon aus den Alpen an die Nordseeküste zur Aufnahme von toten Fischen in der Gezeitenzone des Wattenmeeres geflogen, um dann wieder in die Alpen zurück zu kehren. Es gibt aber auch heimatverbundene Bartgeier. Als Philopatrie bezeichnet man die Heimatverbundenheit zum Freilassungsort. Von 29 genetisch identifizierten Bartgeiern zeigten 22 (gleich 76%) ein philopatrisches Verhalten, indem sie sich als geschlechtsreife Vögel innerhalb 50 km von ihrem Freilassungs- oder Geburtsort ansiedelten. Sieben Vögel (24%) der genetisch identifizierten sind entweder Auswanderer oder Einwanderer. Die Philopatrie könnte aus evolutionärer Sicht vorteilhaft sein, weil sie langfristig eine genetische Anpassung an die Lebensraumbedingungen des Geburtsortes garantiert.